Grenzgeschichte in Coronazeiten

Wir kommen der Grenze immer näher, doch wir sind noch früh dran und so entdecken wir auf der Strecke nach Norden Dinge, die wohl selten von Europäischen Touristen wahrgenommen werden. Uebernachten tun wir auf einer Anhöhe mit 360 Grad Panorama. Es ist ein heiliger Platz der Ureinwohner, auf dem in einem Häusschen gut gesichert und geschützt Steine mit Petroglyphen vom Donnervogel stehen. 

 

Nachts geht mit "Sturmgebrus" ein gewaltiges Gewitter über uns nieder, vielleicht war die Idee mit dem Rundumblick doch nicht so gut und einmal mehr hoffen wir, dass so ein Camper auch ein Faradayscher Käfig ist, obwohl uns da ja nicht nur Blech umgibt.

Auch am Samstag stürmt es weiter, es ist echt schwierig gegen den Wind zu fahren. Aber nicht nur wir bekunden Mühe nicht vom rechten Weg abzukommen, nein auch die Vögel machen Kapriolen, was lustig anzusehen ist.

 

In Crosby schauen wir uns das Pioneer Dorf an, das jetzt ziemlich ausgestorben wirkt, findet doch das jährliche Fest erst im Juli statt.

Trotz Verzögerungstaktik erreichen wir Portal, den Grenzübergang den wir auserkoren haben, es gibt deren viele, viel zu früh. Sollen wir heute am 6. Juni noch warten bis morgen? Wir besuchen erstmal die einzige Gastststätte im Ort, lassen uns feine Hamburger servieren und die Atmosphäre auf uns wirken. Der redselige Wirt freut sich über Fremde, es kommen nämlich, wen wundert's seit Wochen keine mehr. Die LKW Fahrer haben wenig Zeit für ein Schwätzchen. Die Farmer hier im Norden vorwiegend Menschen aus Skandinavien und Kanada seien alles Millionäre, hätten sie doch riesige Flächen, die sie ihr eigen nennen. Die Oelindustrie die später dazu gekommen sei, sei auch nicht ohne. Jedem Dorfbewohner der in die Kneipe kommt werden wir vorgestellt und unsere spezielle Situation mit dem ablaufenden Visum geschildert. 

 

Wir entscheiden uns schliesslich dafür jetzt beim Amerikanischen Grenzübergang vorzusprechen, was sich vorerst als gar nicht so einfach erweist, stehen wir doch alsbald in der Truckerlane vor dem Kanadischen Grenzübergang, die Lane mit den Personenautos ist nämlich komplett abgesperrt. Also wieder rückwärts und ein Parkplatz gesucht. Rein ins Amerikanische Gebäude, wo uns einzige " Kunden" drei ernst dreinblickende Zollbeamte erwarten. Ich erläutere unser Problem, sie gucken sich unsere Pässe an, nehmen die Visa raus, stempeln sie ab und werfen sie in die Schublade. Sie diskutieren miteinander, ich höre Flugzeug, mir fällt das Herz in Hose und ich meine:" Nein, nein das geht nicht, wir haben bereits ein Schiff in Halifax reserviert und unseren Camper können wir unmöglich in den USA zurück lassen. Dann fahrt mal rüber zu den Kanadiern. " Und wenn sie uns nicht reinlassen?" " Das werden die schon." Und so sind sie uns nach einer Viertelstunde elegant los.

 

Mein Herz hämmert ziemlich, als wir uns schliesslich mit dem Kanadier beim Einlasstor, er sitzt 2 Meter über unseren Köpfen unterhalten sollen, wir sind ja auf der Truckerlane. Ich steige aus, und so können wir uns etwas besser verständigen. Er füllt einen Laufzettel mit unseren Angaben aus und schickt uns ins Kanadische Zollgebäude. Auch hier sind wir wen wundert es die einzigen diesseits des Schalters. Alle sind sehr freundlich, fragen nach unserem Anliegen unserem Ziel, nach unseren Pässen, nach unserer Adresse in der Schweiz und meinen, da wir eine einmalige Sache seien, dauere die Abklärung etwas länger und wir sollen doch draussen im Camper warten. Wir warten 3/4 Stunden und uns wird danach mitgeteilt, dass unser Schiff ja erst im Oktober fährt, wir also keine dringend notwendige Fahrt in Kanada zu machen hätten und so leider nicht einreisen dürften. "Ups und was jetzt?" Genauso wie ich es mir in meinen schlimmsten Albträumen vorgestellt habe, wir stecken zwischen den Grenzen fest. Der Beamte lacht: " Nein, nein fahrt einfach zurück zu den Amerikanern und gebt ihnen das von uns ausgefüllte Formular. Es wird sicher alles gut und ist die Grenze wieder offen könnt ihr ohne Probleme einreisen." Alois fragt noch wann denn das sein werde und der Beamte meint, das wisse er halt auch nicht, denn das entscheide die Regierung. Die Pässe gebe er uns, wenn wir um das Gebäude rumgefahren wieder in Richtung USA unterwegs seien. Kurzfristig sind wir also zum ersten Mal in unserem Leben in Kanada, wo es auch nicht anders aussieht als auf der anderen Seite. Alois:" Jetzt könnten wir einfach weiterfahren." " Ja super, ohne Pässe."

 

Wir umrunden das Gebäude, nehmen unsere Pässe entgegen und stehen alsbald vor den Kameras auf der USA Seite. Die strenge Beamtin nimmt unsere Pässe entgegen zieht sie durch den Scanner und schickt uns zum Zollgebäude, wo wir bereits vor etwas mehr als einer Stunde schon mal drin waren.  Einer " neuen" Beamtin mit einem dickeren Stern, das hat Alois sofort gemerkt, schildern wir erneut unser Problem, meinen wenn wir nur ein bisschen länger in den USA bleiben dürften, wäre das einfach super, geben wiederum unsere Pässe plus das Formular der Kanadier ab und werden gebeten Platz zu nehmen und zu warten.

Im hinteren Teil des Büros sehen wir sie diskutieren. Nach einer Weile kommt ein anderer Beamter nach vorne zu uns, plaudert mit uns über unsere Reise nach Amerika, durch Amerika, unsere geplante Rückreise von Halifax nach Hamburg und erklärt uns schliesslich, dass wir ein Visum für weitere 30 Tage in den USA bekommen. "Plumps"das war der Stein, der mir vom Herzen gefallen ist. Wir hören es stempeln, werden an den Schalter gerufen und die supernette Beamtin gibt uns unsere Pässe zurück. Das Visum ist ab dem 8. Juni, wegen Corona um weitere 30 Tage verlängert und  wir haben jetzt sogar einen Stempel im Pass. Sie meint noch lächelnd, wir dürften uns jetzt weiter in der USA aufhalten und zwar überall wo es uns gefällt. " Vielen, vielen Dank sie sind sehr freundlich und was kostet das verlängerte Visum?" " Nichts." Nach zwei Stunden haben wir also unsere Verlängerung gratis und sind weiterhin völlig legal in den USA. Einfach nur super.

 

Ich bin ja so was von erleichtert, da muss ich mir doch gleich eine Zigarette genehmigen, die erste nach fast sechs Monaten, wahrscheinlich ist das wieder der Anfang vom Ende des Nichtrauchens. Alois meint bloss lapidar:" Das ist doch genauso abgelaufen, wie ich mir das vorgestellt habe und wenn die Grenze am 7. Juli immer noch nicht offen ist, machen wir das Ganze halt nochmals." Ich:" Nie und nimmer, dann fahren wir nach Baltimore und verschiffen das Auto von dort aus nach Hamburg." Alois:" Das wäre doch schade, denn viel von Kanada haben wir noch nicht gesehen."

 

Uebernachten tun wir ganz einsam an einem Fluss und kaum stehen wir, bekommen wir auch schon Besuch von einem Reh und von etlichen Zecken die auf uns rumkrabbeln, was weniger zur Erheiterung beiträgt. Wir lesen, dass die Amerikanischen Zecken nicht nur Borreliose und FSME verursachen können, sondern auch schwere Allergien auf rotes Fleisch. Jedes Jahr erkranken in den USA 427'000 Menschen an Borreliose, in Europa sind es 65'000 Leute.

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Kommentare: 6
  • #1

    Corina (Montag, 08 Juni 2020 08:12)

    Och bin ich froh, dass es so gut gelaufen ist. Ich war ja mal in der ähnlichen Situation und konnte über Mexico wieder nach USA einreisen. Hatte auch ein paar schlaflose Nächte. Weiterhin eine schöne und erlebnisreiche Reise. Wir waren jetzt auch schon 2 mal problemlos in der Schweiz und wieder zurück.

  • #2

    Ruth (Montag, 08 Juni 2020 11:05)

    Herzliche Gratulation! Dies freut mich für Euch. Wir selber sind noch in Mexiko und unsere Aufenthaltsberechtigung läuft am 20.6. ab. Hoffentlich sind die Mexikaner mit uns ebenso gnädig ...

  • #3

    Womo-Nomaden (Montag, 08 Juni 2020 18:51)

    Hallo ihr Lieben
    Ja die Amis sind gar nicht so streng an der Grenze, wie man immer hört. Die sind nämlich sehr nett.
    Euch Ruth wünschen wir ebenfalls so viel Glück mit den Mexikanern, auf jeden Fall drücken wir mal ganz fest die Daumen und wer weiss, vielleicht sieht man sich ja in Kanada.

  • #4

    Reto und Sabine (Montag, 08 Juni 2020 19:35)

    Hei zäme
    Auch von uns herzliche Gratulation zur Visumsverlängerung. Und zum spannenden Bericht natürlich!

    Liebe Grüsse aus dem nassen und kalten Disentis
    /Reto und Sabine von Living in a Box

  • #5

    Eva und Christian (Montag, 08 Juni 2020 23:00)

    Liebe Womo Nomaden,
    wir fühlen mit euch, es ist einfach ein Wahnsinn, wieviel Substanz diese Covid19 Geschichte uns Wohnmobilisten kostet. Dabei sind wir eh ständig in „Quarantäne „ in unserem Heim auf Rädern.
    So, wie ihr uns immer Mut zugesprochen habt, halten wir euch ganz fest die Daumen, dass der „ Kelch“ an euch vorüber geht...
    Wir drücken euch ganz fest und wünschen euch eine gute Nacht
    die Tiroler z.zt in Frankreich

  • #6

    Ruth Nixon (Donnerstag, 11 Juni 2020 15:52)

    Congratulations on your success at the border! I am currently in the panhandle of Idaho, visiting friends. Since I don't know your exact route, I keep my eyes open for your Wo-mo as I travel, hoping for even a brief Wiedersehen.