Wir sind Geiseln

Wir stehen wirklich gut auf der Seite, trotzdem werden wir um 4.00 Uhr unsanft geweckt, als ein LKW beim Versuch zu wenden unsere Eintrittsstufe "rammt". Er klopft und ruft, aber bis wir auf den Beinen sind, ist er weg.

 

So fahren wir zwischen der Lastwagenkolonne vor und werden schliesslich von einem " Staff" auf einen grossen Parkplatz eingewiesen. Keiner sonst will hier parken, er würde ja einen Platz in der Kolonne verlieren. Hier stehen wir gut. Geschützt und nur wenige Meter von der Blockade entfernt. Hinter uns eine kilometerlange Fahrzeugschlange.

 

Die Demonstranten sind freundlich und wollen wissen, woher wir kommen und ob es sowas wie hier auch in der Schweiz gäbe. Immer wieder stellen sie sich in Pose und fordern uns auf sie zu fotografieren, oder interviewen uns mit ihren Smarphones.Uns wird aus einem Riesentopf heisse, süsse Milch angeboten, die wid nicht verweigern können. Das Brot und später die Suppe lehnen wir ab, schliesslich können wir uns leisten das Essen zu kaufen.

 

Wir führen viele Gespräche mit den Blockierern und mit den Chauffeuren. Nicht alle sind der gleichen Meinung, was gut zu verstehen ist, wobei ich mich mehr mit den Blockierern solidalisiere. Alois:" Wir sind Geiseln und du hast das Stockholmsyndrom."

 

Die Lastwagenfahrer, zum Teil mit der ganzen Familie unterwegs, denen nach 5 Tagen die Nahrungsmittel, das Wasser und das Geld ausgehen tun mir selbstverständlich auch leid, aber vorallem die Frauen und Kinder, die mit Sack und Pack die Blockade durchlaufen um auf der anderen Seite irgendein Fahrzeug zu erhaschen, dass sie bis zur nächsten Blockade fährt.

 

Am Donnerstag Mittag, haben die LKW Fahrer die Schnauze voll, sperren ihrerseits die kleine Gasse in der Mitte, damit auch die Ambulanzen, Töfftaxis und die Polizei, die ihnen ja nicht geholfen hat, nicht mehr durchkommen.

 

Die Läden und Restaurant, haben wenn überhaupt nur eine kleine Luke geöffnet, ob um ihr Hab und Gut zu schützen, oder um die Demonstranten nicht zu verärgern, sei dahingestellt.

 

Am Donnerstag Abend soll die Blockade aufgehoben werden. Die Fahrzeuge starten schon mal die Motoren. Es wird an vorderster Front heftig diskutiert. Dann wird das obligate Pneufeuer angezündet und die Zeit vergeht.

 

Die Gegenseite öffnet und die Fahrzeuge stehen sich jetzt in 200 m Entfernung gegenüber. Bei uns erklingen Schlachtrufe, die Frauen sind lautstark mit dabei und dann geht wieder nichts mehr. Nach zwei Stunden glauben es auch die letzten Chauffeure und es kehrt Ruhe ein.

 

Am Freitag diskutieren die Chauffeure wieder heftig und einige entscheiden sich zurück und über die Küstenroute einen grossen Bogen um die Blockade zu machen. Die anderen haben nicht genügend Treibstoff um diesen Umweg zu fahren. Gesagt getan, es wird gewendet und es wird sich in der schmalen Gasse cm um cm vorgearbeitet. Auch wir werden aufgefordert ihrem Beispiel zu folgen.

 

Bis wir uns fertig entschieden haben und einen schwerbeladenen Mann, der bereits durch 4 Blockaden gelaufen ist, gerade bei uns einsteigen lassen wollen, ist es vorbei. Die Blockierer haben das Geschehen bemerkt und eine neue Blockade errichtet. 

 

Einge Male scheint die Situation sehr brenzlig und zu eskalieren. Wir stehen kurz vor derTankstelle und unzählige Tanklaster stehen in der Kolonne. Ich hoffe inständig, dass das Militär nicht eingreift, was einem Desaster gleichkäme. 

 

Doch zumeist ist es ruhig und die Menschen erstaunlich gelassen.

 

Um 18.00 Uhr heisst es dann wieder, dass um 20.00 Uhr die Blockade bis Montag aufgehoben würde. Die Motoren werden wiederum gestartet.

 

Irgendwann wird der Präsident, der heute zu "Grabe" getragen wurde "kremiert" und tatsächlich um 20.30 Uhr machen die Demomstranten den Weg frei, die Polizei, die sich bis jetzt diskret im Hintergrund gehalten hat, übernimmt und regelt das Fortkommen der Busse und LKW's. 

 

 

Wir wollen uns nicht in's Chaos der nach fünf Tagen total entnervten und übermüdeten Chauffeuren einordnen. Um 1.00 Uhr früh, als wir uns schlafen legen, bewegen sich die Fahrzeuge immer noch im Schritttempo an uns vorbei.

 

Uebrigens wurden die ganzen Blockaden in den Medien praktisch totgeschwiegen. Ein Chaufffeur meint die Minenbetreiber, hätten die Medien bestochen, damit sie nichts berichten. Auch hat sich kein Politiker gezeigt.  Also Frust für die Demonstranten auf der ganzen Linie, aber am Montag soll es ja weitergehen.

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Kommentare: 1
  • #1

    Corina und wolfgang (Montag, 12 August 2019 12:06)

    Wenn einer eine reise macht, dann kann er was erzählen. Wähnsinn was ihr alles erlebt. Wünschen euch eine gute weiterreise. Grüsse aus orsingen